Filmische Übersetzungsbilder – Kirschblüten – Hanami (D/F 2008, Doris Dörrie)

Folgt man Michel Serres‘ Werk Übersetzung (1992), so ist es „aufschlußreich, die Operation des Übersetzens zu untersuchen. Es geht nicht um eine abstrakte Definition; es geht darum, diese Operation möglichst umfassend und in den unterschiedlichsten Gebieten zum Funktionieren zu bringen: innerhalb des kanonischen Wissens und seiner Geschichte, im Wechselverhältnis zwischen Enzyklopädie und Philosophie, in der Kunst und in Texten […].“ Wie die Operation des Übersetzens im filmischen Kontext zum Funktionieren gebracht und angewendet werden kann, soll im Mittelpunkt des Beitrags stehen. Am Beispiel von Kirschblüten – Hanami (D/F 2008, Doris Dörrie) soll den japanisch-deutschen Übersetzungsprozessen innerdiegetischer Dialoge und Gesten, der Mise-en-Scène (textile Stoffe wie Kimono, Zelt, Plane) sowie der Kadrierung und Montage statischer und bewegter Bildkünste (wie Film, Tanztheater Butoh, Holzschnittkunst von Hokusai, Landschaftsmalerei) nachgespürt werden. Die geographisch-räumliche Übersetzung von Schauplätzen und Landschaften (wie dem Allgäuer Alpenvorland, den Großstädten Berlin und Tokyo, der Ostsee und des Mount Fuji) sind dabei ebenso Teil der Untersuchung wie die zeitlich-kulturelle Wanderung von Autor*innenkonzepten wie denen von Yasujirō Ozu, Wim Wenders und Doris Dörrie.

In diesem Sinne schlage ich den Begriff eines filmischen Übersetzungsbildes vor, der die verschiedenen Ebenen der Übersetzungsleistung des Films terminologisch fassen soll. Es kann in diesem Zusammenhang von mindestens sechs strukturell unterschiedlichen Ebenen gesprochen werden: der dialogischen, inszenatorischen, bildgestalterischen, autore*innenbezogenen, medialen und mentalen. Die Beschreibung dieser Ebenen soll, wie Serres sagen würde, „die Operation des Übersetzens möglichst umfassend und in den unterschiedlichsten Gebieten zum Funktionieren bringen“. Schließlich soll diese Beschreibung aber auch umgekehrt die Bedeutung der Serres’schen Schriften für die Filmwissenschaft und deren Übersetzung in die Philosophie leisten.


Silke Martin, Dr. phil., wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Studium der Medienkultur an der Bauhaus-Universität Weimar, Promotion 2009.

Forschungsschwerpunkte: Theorie, Geschichte und Ästhetik des Films, Medien- und Filmphilosophie, Sound/Ageing Studies.

Publikationen (Auswahl):

  • Berg und Film. Kultur und Ästhetik von Höhenlandschaft im deutschsprachigen Film der Gegenwart. Marburg, 2017 (im Erscheinen);
  • Die Sichtbarkeit des Tons im Film. Akustische Modernisierungen des Films seit den 1920er-Jahren. Marburg, 2010.

Kayo Adachi-Rabe, Dr. phil., studierte Germanistik in Tokio sowie Filmwissenschaft und Kunstgeschichte in Berlin.

Promotion 2002 an der Philipps-Universität Marburg unter dem Titel Abwesenheit im Film. Zur Theorie und Geschichte des hors-champ (Münster: Nodus Publikati-on 2005).

Lehrte im Fach Japanologie in Berlin, Leipzig und Düsseldorf. Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für Geschichte und Ästhetik der Medien an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und am Seminar der Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Erfurt.

Derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fakultät Medien an der Bauhaus-Universität Weimar.