Der Wohlfühlfilm: Design und Ergebnisse einer empirischen Studie zu den emotionalen Effekten und Genre-Merkmalen eines populären Filmtypus

Die Filmkritik verwendet den Begriff des Wohlfühlfilms zumeist in einem negativ wertenden Sinn: die betreffenden Filme werden als anspruchslos und in ihrer emotionalen Wirkung manipulativ abgetan. Dagegen dient das Label ›Wohlfühlfilm‹ aber auch – im Sinne eines populären Quasi-Genres – als eine Orientierungshilfe für das Publikum, das gezielt bestimmte Filme aufgrund ihres ›Wohlfühl-Faktors‹ anschaut und genießt. Es lässt sich vermuten, dass in diesen Fällen der Wohlfühl-Faktor geradezu Selbstzweck des Filmkonsums ist. Gleichwohl fehlen in der Filmwissenschaft bisher eingehende Untersuchungen dazu, welche Bedeutung dieser ›Wohlfühl-Faktor‹ für spezifische Zuschauergruppen besitzt. Auch gibt es in der Forschung bisher keinen Konsens darüber, welche Filme überhaupt dazu in der Lage sind, ein ›wohliges Gefühl‹ bei bestimmten Zuschauergruppen auszulösen. Hieraus ergibt sich das Desiderat weiterführender Untersuchungen sowohl der generischen und affektiven Eigenschaften typischer Wohlfühlfilme als auch des Erlebens und Bewertens dieser Filme durch die Zuschauer. Diesen Fragen habe ich mich mit meinem empirisch ausgerichteten Projekt zugewandt: Mittels einer Online-Studie wurden die affektiven und kognitiven Reaktionen von annährend 450 Zuschauerinnen und Zuschauern auf Filme, die von ihnen selbst als Wohlfühlfilme klassifiziert werden, erhoben. Im Rahmen meines Vortrags werde ich die aktuellen Ergebnisse der Studie vorstellen. Das Augenmerk wird darauf liegen, unter welchen Umständen und auf Grundlage welcher formaler und ästhetischer Kriterien bestimmte Filme in der Lage sind, bei spezifischen Zuschauergruppen ein Wohlfühl-Erlebnis auszulösen und worin dieses besteht. Auch soll die Frage verfolgt werden, ob sich auf Grundlage der erhobenen Daten der Wohlfühlfilm als ein klar differenzierbarer Filmtypus bestimmen lässt.


Dr. Keyvan Sarkhosh ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt. Promotion 2013 mit einer Arbeit über Nicolas Roeg (Kino der Unordnung. Bielefeld 2014).

Forschungsgebiete: Geschichte und Ästhetik des Films, empirische Filmwissenschaft, Formen und Theorien der Populärkultur.

Zuletzt erschienen: Enjoying trash films: Underlying features, viewing stances, and experiential response dimensions. In: Poetics 57 (2016), S. 40-54 (mit W. Menninghaus).