The Art of the Title? Titelkarten von Fernsehserien im Spannungsfeld produktionstechnischer Beschränkungen und ästhetischer Anforderungen

Aller Anfang ist redundant: Was der Spielfilm nur einmal durchführt, steht bei der Fernsehserie für jede Folge erneut auf der Tagesordnung. Aufgrund ihrer Mehrteiligkeit ist sie durch eine Vielzahl von (Episoden-)Anfängen gekennzeichnet, die eben nicht den Beginn von etwas Neuem markieren, sondern die Rückkehr zum Bekannten. Aller Anfang ist auch mehrteilig: Der Prozess der Immer-wieder-neu-Beginnens und Fortschreibens der seriellen Geschichte zerfällt in drei Module: die Recap, die Titel- und die Eröffnungssequenz. Von diesen Bausteinen ist die Titelsequenz (auch Vorspann, Opening Credits oder Intro) die größte Konstante, da sie sich i.d.R. wenig bis gar nicht verändert. Das Intro markiert als ästhetisch auffällige Schwelle nicht nur den einzelnen Episodenanfang, sondern gibt sich vielfach als Zugang zum gesamten Serienuniversum. Der Serienvorspann hat zu einer Kunstform entwickelt, die häufig aufwändig produziert wird und kinematographische Traditionen aufgreift. Diese bis zu 2 Minuten langen Sequenzen, die in stilisierter Form die Diegese entfalten, Genre, Ton und Atmosphäre etablieren oder einen übergeordneten Diskurs andeuten – oder alles zugleich – werden mittlerweile häufig besprochen. Wenig Aufmerksamkeit dagegen kommt dem minimalistischen Gegenstück zu, jenen kurzen, oft nur wenige Sekunden andauernden Intros, die auf den ersten Blick nicht mehr tun als den Serientitel einzublenden. Diese Titelkarten, meist nur aus einer oder zwei Einstellungen bestehend, sind ein Produkt der beschränkten Sendezeit im Fernsehen. Zwar enthalten sie keine Credits, müssen jedoch wie ihre ‚großen Brüder‘ einen wichtigen Punkt erfüllen: die Serie zweifelsfrei kennzeichnen. Inwiefern unterscheiden also Titelkarten von Serienvorspannen in der Art und Weise, wie sie auf ihren Referenztext verweisen? Der Beitrag untersucht das formale und funktionale Gefälle zwischen Titelsequenzen und –karten und diskutiert die ästhetischen Möglichkeiten der ‚kleinen‘ Intros.


Jana Zündel M.A., Studium der Medienwissenschaft an der Bauhaus-Universität Weimar (2008-2011) und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2012-2015). Masterarbeit veröffentlicht als An den Drehschrauben filmischer Spannung (ibidem-Verlag). Aktuell wissenschaftliche Hilfskraft in der Professur für Filmwissenschaft/Audiovisuelle Medienkulturen der Universität Bonn, Schwerpunkt Film- und Fernsehanalyse. Dissertationsvorhaben zum Thema Episodenanfänge in US-amerikanischen Fernsehserien